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Messung von Chlor und Chlordioxid

Aus hygienischen Gründen muss das Trinkwasser oder sonstiges Wasser, mit dem Menschen direkt oder indirekt in Kontakt kommen, häufig mit Mitteln behandelt werden, welche enthaltene Mikroorganismen abtöten. Sehr oft werden für diesen Zweck Chlor oder Chlorverbindungen als Desinfektionsmittel eingesetzt. In diesem sensiblen Bereich ist eine hohe Sicherheit für den Verbraucher unbedingt erforderlich. Aus diesem Grund werden Anlagen eingesetzt, die vollautomatisch die Desinfektionsmittelkonzentration überwachen, regeln und dokumentieren.

Die hygienischen Anforderungen, die an Wasser zu stellen sind, werden daher in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen festgelegt:

Trinkwasser

„Wasser für den menschlichen Gebrauch muss frei von Krankheitserregern, genusstauglich und rein sein. Dieses Erfordernis gilt als erfüllt, wenn bei der Wassergewinnung, der Wasseraufbereitung und der Verteilung, die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden und das Wasser für den menschlichen Gebrauch den Anforderungen der §§5 bis 7 entspricht.“ (Trinkwasserverordnung 2001 (TrinkwV 2001, 2. Abschnitt §4).

Zulässige Desinfektionsmittel für Trinkwasser gemäß Trinkwasserverordnung 2001, 3. Abschnitt, §11 „Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren“ sind:

  • Chlor(gas) (Cl2)
  • Chlordioxid (ClO2)
  • Ozon (O3)

Badewasser

„Schwimm- oder Badebeckenwasser in öffentlichen Bädern oder Gewerbebetrieben muss so beschaffen sein, dass durch seinen Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Schwimm- oder Badebecken, einschließlich ihrer Wasseraufbereitungsanlagen, unterliegen insoweit der Überwachung durch das Gesundheitsamt“ (§11 Bundes-Seuchengesetz, BSeuchG).

Zulässige Desinfektionsmittel für Badewasser gemäß DIN 19643-1 (Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser) sind:

  • Chlor(gas) (Cl2)
  • Natriumhypochlorit (NaOCl)
  • Calciumhypochlorit (Ca (OCl)2)

Neben den bereits benannten Anwendungsbereichen erfolgt der Einsatz von chlorbasierten Medien auch im Bereich von Kühltürmen. Diese bieten eine ideale Umgebung für das Wachstum von Mikroorganismen. Ohne Kontrolle beeinträchtigt dieses Biofouling die ordnungsgemäße Funktion des Kühlturms und es kann zur Bildung von Legionellenkolonien kommen, welche bei einem nicht fachgerechten Betrieb des Systems ausgetragen werden. Die Anwendung von Mikrobioziden wie Chlor hemmt das Wachstum dieser Organismen. Die mikrobiologische Kontrolle von Kühlturmwasser erfolgt gewöhnlich durch den Zusatz von oxidierenden Mikrobioziden, insbesondere Chlordioxid. Zur effektiven Dosierung ist eine präzise Überwachung der Rückstände erforderlich. Chlor-Rückstände müssen auch im Ablauf überwacht werden, um die Einhaltung der jeweiligen örtlichen Vorschriften zu gewährleisten.

Der Testomat LAB Chlor nutzt für die Bestimmung der Konzentration an freiem Chlor das DPD-Verfahren in Anlehnung an die DIN EN ISO. 7393-2. Ein Vorteil dieses kolorimetrischen Messverfahrens gegenüber den sensorischen Messverfahren liegt darin, dass dieses nicht durch Änderungen der Temperatur, des pH-Wertes, der Chlorkonzentration unterliegt und stabil auch unter Druck- und Durchflussschwankungen arbeitet.

Der Testomat LAB Chlor wurde speziell für die Überwachung von Gesamtchlor oder freiem Chlor im Bereich der Kühlwasserkonditionierung entwickelt, wobei der zu überwachende Parameter hierbei durch Auswahl des verwendeten Reagenzsatzes festgelegt wird. Mit dem erweiterten Messbereich von 0 – 5 mg/l lassen sich verlässlich auch Verfahren der Stoßchlorung sowie die hiermit verbundene Zerrungsrate (Abbau der Konzentration an freiem Chlor) überwachen. Für eine optimierte Prozessintegration steht hierfür neben der kontinuierlichen Analyse in einem fest vorgegebenen Messintervall auch der sogenannte Messphasenbetrieb zur Verfügung. In diesem Betriebsmodus wird für die Dauer von 10 Minuten bis 12 Stunden eine Analysenfolge ausgelöst.

Die Chlorung ist bis heute das am häufigsten eingesetzte Desinfektionsverfahren für Wasser. Es gibt verschiedene Methoden dem Wasser Chlor oder entsprechende Verbindungen zuzusetzen. In der Praxis wird hierzu zunächst eine Lösung von Chlorgas bzw. Hypochloriten in Wasser hergestellt und diese dann dem aufzubereitenden Wasser in der erforderlichen Menge zudosiert. Entsprechende Ausgangslösungen können auch vor Ort durch die Elektrolyse von wässrigen Natriumchloridlösungen hergestellt werden. Das hierbei entstehende Chlorgas löst sich umgehend im Wasser auf.

In Verbindung mit Wasser bildet Chlor hypochlorige Säure (HOCL), welche umgangssprachlich auch als freies Chlor bezeichnet wird. Nur diese ist für die Desinfektionsleistung verantwortlich. Zu beachten ist hierbei, dass die Bildung von HOCL sehr stark abhängig vom pH-Wert ist. Überschlägig kann hierbei von folgenden Umwandlungsraten ausgegangen werden:

  • pH-Wert 6,5: ca. 85 % HOCl.
  • pH-Wert 7,5: ca. 50 % HOCl.
  • ab pH-Wert 8: kaum noch Bildung von HOCl.

Aus vorstehendem Grund wird verfahrenstechnisch neben dem Chlorwert auch immer der pH-Wert überwacht, welcher als weiterer Steuerungsparameter für die Zugabe von „Chlor“ und somit Erhöhung des Oxidationspotentials (bzw. Redoxpotentials) dient.

Wird einem Wasser, das weder organische Substanz noch Ammoniumverbindungen enthält, eine chlorabspaltende Substanz zugegeben, so enthält dieses Wasser nur freies Chlor. Sind jedoch die o.g. Verbindungen im Wasser vorhanden, wird weniger freies Chlor gemessen, dafür jedoch zusätzlich gebundenes Chlor. Vereinfach dargestellt laufen folgende Reaktionen ab:

  • Das freie Chlor oxidiert die organischen Substanzen.
  • Eine Vorstufe der vollständigen Oxidation ist die Bindung von Chlor an Amin (dieses ist in jedem Eiweißstoff enthalten).
  • Das so entstehende Chloramin wird als gebundenes Chlor bezeichnet.

Chloramine (gebundenes Chlor) sind für den Chlorgeruch (Hallenbadgeruch) verantwortlich. Ab einer gewissen Konzentration führen sie zu Haut- und Augenreizungen. Der Gehalt an gebundenem Chlor sollte deshalb so gering wie möglich gehalten werden.

Die Desinfektionswirkung des gebundenen Chlors ist wesentlich geringer als die des freien Chlors.

Den teilweisen Abbau des gebundenen Chlors wird durch eine Stoßchlorung erreicht, die regelmäßig durchgeführt werden sollte.

Chlordioxid (ClO2) löst sich als Gas in Wasser. Eine Hydrolyse wie bei Chlor läuft hierbei nicht ab. Die Desinfektionswirkung von Chlordioxid beruht auf einer Oxidationsreaktion der unerwünschten Wasserinhaltsstoffe, bei welcher Chlordioxid zu Chlorit (ClO2 -) reduziert wird. Chlordioxid kann wegen seiner Explosivität nicht in komprimierter Form oder in höherkonzentrierten Lösungen gelagert werden. Aus diesem Grund wird ClO2 am Ort der Verwendung aus Natriumchlorit (NaClO2) und Chlor (Cl2) oder Natriumhypochlorit (NaClO) bzw. aus Natriumchlorit und Salzsäure (HCl) hergestellt.

Eine Überwachung der erforderlichen Chlorkonzentration innerhalb von Prozessen der Wasseraufbereitung erfolgt bspw. unter Einsatz von sogenannten Redoxelektroden.

Die Messung der Redoxspannung ist ein potentiometrisches Verfahren mittels einer Redoxelektrode. Bei der Messung darf nahezu kein Strom fließen, damit die chemische Zusammensetzung der Messlösung unverändert bleibt. Der Sensor ist die Redoxmesskette. Sie besteht aus einer Messelektrode und einer Bezugselektrode. Die Redoxelektrode nimmt bei der Messung das Redox-Potential an. Bei oxidierenden Lösungen ist das Potential der Redoxelektrode positiver und bei reduzierenden Lösungen negativer als das der Bezugselektrode.

Die Bestimmung der Redoxspannung ist für die Wasseruntersuchung bedeutsam im Zusammenhang mit der Kontrolle der Chlorung von Schwimmbeckenwasser.

Die photometrische Bestimmung von Chlor mittels der DPD-Methode (DPD = N, N-Diethyl-p-phenylendiamin) wird mit folgender Gleichung beschrieben:
DPD Methode

Als Messgröße dient die Absorption im Maximum des UV/VIS-Spektrums des roten Farbstoffs, der durch die Reaktion von DPD mit Cl2 gebildet wird.

Die Absorption ist proportional zur vorhandenen Farbstoffkonzentration bzw. zur vorliegenden Konzentration an freiem Chlor. In Abwesenheit von Iodid-Ionen wird lediglich das freie Chlor erfasst.

Wird der Messprobe anschließend Kaliumiodid zugesetzt, setzen die in der Probe vorhandenen Chlorsubstitutionsprodukte (gebundenes Chlor) eine stöchiometrische Menge Iod frei. Als Ergebnis erhält man die Gesamtchlorkonzentration.

Die Differenz von Gesamtchlor und freiem Chlor ergibt das gebundene Chlor. Neben der DPD-Methode gibt es noch zwei weitere Verfahren zur Chlorbestimmung: ein titrimetrisches Verfahren mit DPD als Indikator (DIN EN ISO 7393-1) und ein iodometrisches Verfahren (DIN EN ISO 7393-3).

Zur Bestimmung von Chlordioxid wird das Verfahren nach DIN 38408-G5 (eine Titration) angewandt. Dieses Verfahren basiert auf der Oxidation von DPD durch ClO2. Der gebildete Farbstoff wird durch die Titration mit Ammoniumeisen (II) Sulfat-Lösung entfärbt. Aus dem Verbrauch der Lösung berechnet sich die Konzentration des Chlordioxids. Alternativ hierzu ist auch eine photometrische Bestimmung von ClO2 mittel der DPD-Methode möglich. Wie beim Chlor berechnet sich die Konzentration des ClO2 aus der Absorption mit einem chlordioxidspezifischen Faktor (1,9).

Bei den vorher vorgestellten Bestimmungsmethoden handelt es sich nicht um kontinuierliche Messverfahren, sondern es werden zu bestimmten Zeitpunkten Proben entnommen und Einzelmessungen durchgeführt. Die DIN 19643 gibt für die Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser eine kontinuierliche Messung, Regelung und Aufzeichnung von freiem Chlor und pH-Wert vor. Für die Regelung der Desinfektionsmittelkonzentration ist es von Vorteil, wenn dauernd ein elektrisches Signal zur Verfügung steht, dass der Desinfektionsmittelkonzentration proportional ist. Dieses Signal kann dann als Eingangssignal für die Steuerung einer Dosieranlage für das Desinfektionsmittel verwendet werden, d. h. die Konzentration kann vollautomatisch geregelt werden.